Unser
Leitbild
Warum gehen Schüler und Auszubildende gerne auf unsere Schulen? Wer sind wir eigentlich? Was unterscheidet uns von anderen Schulen? Woher kommen wir? Worauf sind wir stolz? Welche Werte vertreten wir? Woran entwickeln wir uns konstant weiter? Und wie schreibt man am besten die Einleitung zu einem Leitbild?
Wir kombinieren Werte
Wir stehen für eine Kultur des Respekts, der Offenheit und der Integrität. Zusammenarbeit und Teamgeist prägt die Beziehung zwischen Schülern, Eltern, Lehrkräften und der gesamten Schulgemeinschaft.
Unsere Verpflichtung
In unserem Bestreben, diese Werte zu leben und zu lehren, verpflichten wir uns, eine Lernumgebung zu schaffen, die jeden Schüler befähigt, sowohl persönlich als auch beruflich zu wachsen und zu gedeihen. Unsere Schule ist mehr als eine Bildungseinrichtung; sie ist eine Gemeinschaft, die jeden Schüler auf seinem individuellen Weg zur Erfüllung unterstützt.
Unser pädagogisches Konzept
Die Anfänge
Herr Dr. Franz Kalscheuer, mein Vater, gründete die Schulen ab 1945. Er kam als Flüchtling nach Traunstein und suchte Arbeit. Seine bisherigen Tätigkeiten waren nicht mehr gefragt. Aus der Überzeugung heraus, dies wird jetzt gebraucht, bot er Sprachunterricht im Fach Englisch an. Er war zwar dafür nicht ausgebildet, (als promovierter Mathematiker), aber davon überzeugt: ich kann das. Darauf aufbauend, erweiterte er den Unterricht bald um kaufmännische Fächer mit Buchführung, Stenographie und Schreibmaschine bis hin zur Handelsschule. Für diese erhielt er 1964 die staatliche Anerkennung.
Nützliche Lehrinhalte, zusammen mit einem anerkannten Abschluss, gehörten für ihn zusammen. Wo andere die Sicherheit einer staatlichen Anstellung, möglichst eine Verbeamtung anstrebten, war ihm die Selbständigkeit wichtig, um allein die Verantwortung für "seine" Schülerinnen und Schüler zu tragen.
Zu den klassischen Aufgaben der Schule gehört, neben der Förderung, auch die Selektion. Diese war ihm wesensfremd. Er fühlte sich nur verantwortlich für die Förderung seiner Schülerinnen und Schüler hin zur Abschlussprüfung. Als Selbständiger sah er sich auch als Dienstleister: die Eltern zahlen Schulgeld, damit er sich um ihre Kinder kümmert.
Im Kern gilt dies auch heute. Wir fühlen uns mit jedem, den wir in die Schule aufgenommen haben, verbunden. Wir sind eine Beziehung eingegangen. Nützliches unterrichten und ausschließlich der Förderung verpflichtet sein, waren die Grundsäulen seiner pädagogischen Überzeugung.
Der Bezug zur Reformpädagogik
Der Aspekt der Nützlichkeit ist der Reformpädagogik sehr nahe. Dort steht die Lebensnähe im Vordergrund. Beides ist mit einander verwandt. Zur Lebensnähe gehört ganz wesentlich der Bezug zur Natur. Den gab es bei ihm nur wenig. Nützliches sah er im Hinblick auf einen zukünftigen Beruf: "Die Wirtschaftsschule bringt praktische Kenntnisse [...], die dann auch wirklich zu etwas nutze sind." (1) Es konzentrierte sich alles rund um den Bürobetrieb. So waren seine Intentionen der Pädagogik Kerschensteiners sehr verwandt, jedoch eingeschränkt auf einen Teilbereich. Stand für Kerschensteiner die "Arbeitsschule" im Vordergrund mit handwerklicher Tätigkeit, so waren es für meinen Vater eher die geistigen Aspekte der Arbeitsschule in Form von Buchführung, Steno und Maschinenschreiben.
Er handelte aus eigenen Überzeugungen. Aus diesen Überzeugungen heraus führte er die Schulen 57 Jahre lang bis zu seinem Tod 2002. Dem Wandel hin zu digitalen Inhalten stand er offen gegenüber. 2002 übernahm ich dann die Leitung mit Vorstellungen, wie diese Ansätze weiter ausgebaut und vertieft werden könnten.
Das Schulfach Lebenskompetenz
Junge Menschen im Alter von 10 bis 19 Jahren haben neben den klassischen schulischen Aufgaben, wie sie im Lehrplan niedergelegt sind, auch eine Vielzahl von persönlichen Problemen zu bewältigen. Diese sind individuell höchst verschieden. Doch gibt es auch eine Grundstruktur wie sie z.B. im Konzept der Entwicklungsaufgaben dargestellt werden. Es hat sich bewährt dabei von folgenden drei Bereichen auszugehen: Entwickeln von sozialen Fähigkeiten, Ich-Stärke und die Übernahme einer (Geschlechter-) Rolle.
Wenn Inhalte dazu beständig und erfolgreich verfolgt werden sollen, so müssen dafür auch Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Deshalb werden dafür zwei Wochenstunden eingeplant. Die Freiheit einer Privatschule ermöglicht dies.
In diesem Fach gibt es keine Noten. Nur die körperliche Anwesenheit ist verpflichtend, nicht aber die aktive Teilnahme am Unterricht. Doch nur ganz selten möchte eine Schülerin, ein Schüler dies auch wahrnehmen und wenn, dann ist es nur von kurzer Dauer. Sie erleben, diesen Unterricht als den, der "für sie da ist" und manchmal für sie noch wichtiger ist als der Unterricht nach staatlichem Lehrplan.
Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben im Laufe der Jahre und durch den Besuch von Fort- und Weiterbildungen auch eine hohe Fachkompetenz erworben. Wir haben dabei darauf geachtet, dass sich möglichst jede Lehrerin, jeder Lehrer für diesen Unterricht qualifizieren soll, aber seine eigenen Schwerpunkte dazu berücksichtigt werden. Dies wirkt sich auch auf den gesamten Unterricht aus. Die Schülerinnen und Schüler erleben ihre Lehrerin, ihren Lehrer ganz anders, viel persönlicher.
Im Laufe der Jahre ist ein Lehrplan dazu entstanden. Kernpunkte dazu sind im Bereich
soziale Fähigkeiten
- soziale Verantwortung übernehmen,
- der Umgang mit Gleichaltrigen (Peer Group)
- der Umgang mit Erwachsenen
- Konfliktverhalten
- Kommunikation – Social Media – Neue Medien
Ich Stärke entwickeln
- Ausbildung eines persönlichen Wertesystems
- Erreichen einer emotionalen Unabhängigkeit von Eltern/Erwachsenen
- Körperakzeptanz
- Widerstand aufbauen gegen Verführung zur Sucht/Überschuldung
- Entscheidungs- und Problemlösungsfertigkeit
Übernahme einer (Geschlechter-) Rolle
- meine Rolle als Arbeitnehmer/als Vorgesetzter, als Betreuer eines Kunden
- die Partnerrolle in einer Beziehung
- meine (zukünftige) Elternrolle
Ursprünglich waren die Inhalte auf die jahrgangsstufen 7 bis 10 beschränkt. Durch den Ausbau mit einer "Oberstufe" (Berufsfachschule mit integriertem Abitur) und der Erweiterung "nach unten" haben wir unseren Lehrplan erweitert von der 5. Jahrgangsstufe bis zur 13. Klasse. So haben wir z.B. den Lehrplan in der Berufsfachschule erweitert um ein Knigge-Seminar.
Fort- und Weiterbildungen in diesem Bereich haben für uns einen hohen Stellenwert. Dies beginnt mit den Fortbildungen von LionsQuest. Möglichst alle Lehrerinnen und Lehrer sollen diese einmal besucht haben. Wichtig und hilfreich sind auch Fortbildungen aus dem Bereich der Erlebnispädagogik, Weiterbildung zur/zum Genderpädagogin/en, zum/zur Sozialkompetenztrainer/in, Gesprächsführung (nach Rosenberg oder Gordon) und Mediation. Auch das Thema Medienpädagogik gehört für uns selbstverständlich dazu. Begleitet wird dies von einer fest zum Haus gehörenden Schulpsychologin.
weitere Neuerungen, Auswirkungen und Blick in die Zukunft
Inklusion ist eine konsequente Umsetzung dieser Themen. Wir haben einen vielschichtigen Prozess begonnen, mit dem Ziel ein integratives und unterstützendes Lernumfeld für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihren physischen sensorischen, intellektuellen, sozialen, sprachlichen oder anderen Bedingungen zu schaffen.
Immer wichtiger wird handlungsorientierter Unterricht (Arbeitsschule). Kerschensteiner vertrat die "Arbeitsschule" im Gegensatz zur "Buchschule". Für ihn war Arbeitsschule fast gleichbedeutend mit Arbeit mit den Händen. Diese ist im Bereich der kaufmännischen Ausbildung kaum mehr vorhanden. Das Lernprinzip des handlungsorientierten Unterrichtes tritt an dessen Stelle und ist eine konsequente Fortsetzung des Prinzips der Nützlichkeit. Als didaktisches Prinzip durchzieht es alle Fächer und ist ein Leitfaden für die Unterrichtsgestaltung. Das Fach Übungsunternehmen ist ein besonders gutes Beispiel dafür. Die Schülerinnen und Schüler sind aktiv in den Lernprozess einbezogen, indem sie praktische Aktivitäten durchführen, die reale Unternehmen wiederspiegeln bzw. simulieren. Derzeit befinden wir uns auf dem Weg zu einer modularen Unterrichtsplanung. Es ist die Fortsetzung der Überlegung: Was wird gebraucht? Die Antwort darauf ergibt sich immer wieder neu.
Die Rolle der Lehrerinnen und Lehrer veränderte sich. In unserem Konzept werden sie mehr zum Coach, der auf die Abschlussprüfung hin unterstützt. Noten sind in diesem Verständnis Rückmeldungen an die Schülerin, den Schüler über seinen Stand im Hinblick auf sein Ziel. Sie sind kein Druckmittel zum Aufbau von Autorität. Dieser Verzicht ist für manche eine Umstellung, gerade wenn sie neu zu unserem Team stoßen.
Durch den Unterricht in Lebenskompetenz ergibt sich auch mehr Empathie/Verständnis und Zugang der Lehrenden für die Probleme der Lernenden. In diesem Rahmen ergeben sich dann auch mehr Möglichkeiten der Frage nach den Zielen der Schülerinnen und Schüler nachzugehen. Hier wird Raum geschaffen, sich den Herausforderungen an die junge Generation Z anzunehmen und ein Verständnis für ihre Wünsche zu entwickeln. Es ist dies auch intensive Arbeit zur Motivation der Schülerinnen und Schüler. Viele Lehrerinnen und Lehrer geben uns die Rückmeldung: der Unterricht wird dadurch entspannter, ärmer an Konflikten, getragen von dem Bewusstsein, auftretende Konflikte werden wir besprechen und lösen.
Daher ist es uns auch wichtig, dass es keine Trennung im Kollegium gibt in die "normalen" Lehrerinnen und Lehrer mit Unterricht in einem klassischen Unterrichtsfach und die Lehrerinnen und Lehrer im Fach Lebenskompetenz. So eine Spezialisierung ist nicht unser Weg. Bei uns sollen sich möglichst alle daran beteiligen.
Einen besonderen Akzent setzten unsere regelmäßigen Kunstaustellungen in der Schule durch die die jeweilige Künstlerin, der Künstler unsere Schülerinnen, Schüler führt und offen ist für Fragen (z.B. "Kann man davon leben?"). Dieses Gespräch öffnet Horizonte, lädt zu kritischen und gleichzeitig konstruktiven Auseinandersetzungen ein und baut Brücken.
Zwei Wochenstunden zusätzlich für die pädagogischen Themen ist wesentlich mehr als der Lehrplan der Wirtschaftsschule dafür vorsieht. Und doch ist es uns nicht genug. Im Bemühen Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, stoßen wir immer wieder an unsere Grenzen und es drängte sich die Frage auf, wie man noch mehr tun kann.
Als Antwort darauf gründeten wir einen eigenen Verein mit der Aufgabe von schulnaher Beratungstätigkeit. Die Aufgaben/Themen für diese Beratungsstelle sind Legasthenie, Dyskalkulie, Schulängste und (Berufs-) Beratung. Es sind dies Themen, die im Kontext der Schule entstehen und deshalb auch in diesem Rahmen bearbeitet werden sollten, so unsere Überzeugung. Wir stehen noch am Anfang, aber der Aufbau schreitet voran.
Aus all diesem Bemühen wird – hoffentlich – deutlich: für uns stehen die bestmöglichen Förderungen unserer Schüler im Vordergrund.
Axel Kalscheuer
Geschäftsführer
(1) Dr. Franz Kalscheuer in einem Interview mit Radio Charivari