Fachunterricht alleine führt nicht zur Ausbildungsreife! Deshalb haben wir seit September 2011 die „Lebenskompetenzen“ fest im wöchentlichen Unterricht verankert. Die Schlüsselqualifikationen, die dabei vermittelt werden, tragen ihrerseits wieder dazu bei, sich erfolgreich mit Fachkompetenzen auseinanderzusetzen.

Wir entwickeln dabei eine für uns neue Art von Unterricht und es ist sehr spannend, diese Wege zu betrachten.

Wir arbeiten mit dem wissenschaftlich fundierten und anerkannten Programm Erwachsen werden und Erwachsen handeln von Lions-Quest. Damit entwickeln wir Lebenskompetenzen, stärken die Jugendlichen in ihrer Persönlichkeit und fördern ein friedliches Miteinander  und Demokratieverständnis. Unser Ziel ist es, die Schüler*innen bestmöglichst auf die Zukunft vorzubereiten. Eine großer Teil des Gesamtkollegiums hat eine Lions-Quest-Fortbildung durchlaufen.

Ab dem Schuljahr 2021-2022 ist unsere Rosenheimer Schule offiziell eine Lions-Quest-Qualitätssiegelschule. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung!

Grundlage

Die Erkenntnis, dass es nicht mehr reicht, wenn Schule durch die Vermittlung von Fachwissen auf das Leben, insbesondere auf das Berufsleben vorbereitet, ist schon seit längerem in der Diskussion. Der Kompetenzforscher John Erpenbeck sagt:

Es gibt sehr viele hochqualifizierte Inkompetente.

Sozial Inkompetente, meint er, – und dazu müssen unsere Schüler*innen nicht gehören, – meinen wir.

Natürlich werden oben genannte Fähigkeiten bis zu einem gewissen Grad im Unterricht so nebenbei gefördert. Die Frage ist aber, ob wir es uns leisten können den Erwerb von sozialer Kompetenz in der Schule dem Zufall zu überlassen.

Wir haben uns dafür entschieden, „Lebenskompetenzen“ gezielt und auf die Erfordernisse unserer Schüler*innen abgestellt in den Stundenplan unserer Wirtschaftsschule zu integrieren.

Deshalb gibt es das Unterrichtsfach „Lebenskompetenzen“, in dem die Schüler*innen schon ab der 6. Klasse jeweils 2 Stunden pro Woche Gelegenheit haben, sich mit ihrer Persönlichkeit und dem Miteinander in einer Gemeinschaft (Klasse, Familie, Gesellschaft) auseinander zu setzen.

Gerade die Schule ist der Ort, an dem unabhängig von der sozialen und kulturellen Herkunft ein friedliches, respektvolles und trotzdem selbstbestimmtes Leben mit anderen eingeübt werden kann. An den sozialen Werten hängt laut OECD die Zukunftsfähigkeit der menschlichen Zivilisation, Lebenskompetenzen sind kein Luxus, sondern zwingend notwendig.

Wenn ich will, dass die Welt nicht auseinander bricht, brauche ich die Fähigkeit, die Welt aus dem Blickwinkel der anderen zu sehen, selbstständig und reflektiert zu handeln und in heterogenen Gruppen erfolgreich miteinander umzugehen.

Uns ist klar, dass Neues Zeit braucht und auch gewöhnungsbedürftig und mühsam sein kann. Aber zum Wohl unserer Kinder gehen wir diesen aufwändigeren Weg. Dabei sind wir auch auf die Zusammenarbeit mit den Eltern angewiesen und hoffen, dass wir das Ganze mit diesem Mosaikstein zu einem vollständigen Bild ergänzen können.

Was wollen wir?

Unser Ziel ist es, durch einen praktischen, am eigenen Erleben orientierten Unterricht ohne Notendruck die vorhandenen Fähigkeiten der Schüler*innen zu vertiefen und weiter zu entwickeln. Dazu gehört z. B.

  • sich der eigenen Fähigkeiten und Stärken bewußt sein
  • mit Mitschülern und Lehrern angemessen kommunizieren
  • Aufgaben im Team planen und erfüllen
  • kritisch und kreativ denken
  • bei Misserfolgen nicht gleich aufgeben
  • beim eigenen Handeln die Bedürfnisse der anderen berücksichtigen
  • Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen
  • bei Konflikten unterschiedliche Positionen ansprechen, vermitteln, Streit schlichten, Kompromissbereitschaft entwickeln
  • Probleme lösen und durchdachte Entscheidungen treffen
  • Lernstrategien kennen, und sich Wissen aneignen
  • Gefühle und Stress bewältigen

Geleitet werden die Stunden von Kolleg*innen, die durch Fortbildungen und/oder jahrelange Beschäftigung mit dem Thema Sozialkompetenz das nötige Wissen erworben haben und bereit sind, sich dafür besonders zu engagieren.

Unser Konzept

Der Unterricht läuft in allen 6., 7. und 8. Klassen und in den zweistufigen 10. und 11. Klassen mit jeweils 2 Wochenstunden. Die Stunden werden zusätzlich zum normalen Stundenmaß unterrichtet, so dass kein Fachunterricht gekürzt wird.

In den 9. Klassen liegt der Schwerpunkt in der Vorbereitung auf den Beruf, geblockt in ganztägigen Veranstaltungen: Knigge-Training, Tage der Orientierung, Bewerbertage, Besuch der Berufsbildungsmesse. Hier wird der Unterricht in der Schule durch außerschulische Aktivitäten vertieft und in einen Gesamtkontext gebracht, z.B. Teamfähigkeit/Ursache – Wirkung, helfen, Ideen einbringen, sich auch einmal zurücknehmen, Achtsamkeit, Respekt, Rücksicht.

Aspekte

  • Entfernen vom Alltag mit seinen gewohnten Räumen und Verhaltensmustern
  • Unmittelbarkeit des eigenen Handelns und Nichthandelns erleben
  • Psychische und physische Herausforderung erfahren, raus aus der Komfortzone
  • Verbindung von kognitiven, emotionalen und haptischen Lernen
  • emotionale Erfahrungen sind wichtig, um die theoretischen Inputs im Gehirn zu verankern
  • Unterscheidung zwischen Kompetenzen, die man isoliert (in der Schule) vermitteln kann und solchen, deren Vermittlung nur im lebensnahen Kontext möglich ist.
Grafiken_Soziales Lernen

Bei den zweistufigen 11. Klassen geht es um die Motivation, für einen erfolgreichen Schulabschluss zu arbeiten und sich effektiv auf Prüfungen vorzubereiten. Dabei werden eingefahrene Lernsituationen aufgebrochen. Theoretischer Input (Lerntypen, Lernstrategien) wird durch praktisches Erleben verankert: selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Lernen in Gruppen und die Erfahrung, dass es gemeinsam besser geht.

Ausblick und Weiterentwicklung

Unsere Arbeit wird sorgfältig dokumentiert und am Ende jeden Schuljahres auf den Prüfstand gestellt. So können wir die Inhalte an sich verändernde Gegebenheiten anpassen und das Programm weiterentwickeln. Denn laut einer Pisa-Studie scheitern 20% der deutschen Schüler*innen an Alltagsproblemen. Unser Ziel ist die Stärkung der Lebenskompetenzen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, das heißt den Erwerb eines Sets von psychosozialen Fähigkeiten, um das persönliche Leben zu bewältigen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Das alles kann man nicht im Kopf lernen, sondern nur durch Tun.

Heterogenität bedeutet nicht nur das Zusammenleben von verschiedenen Kulturen oder ein Migrationshintergrund. Wir alle sind sehr unterschiedlich, wir sind „Vielfalt“. Im sozialen Lernen werden Unterschiede nicht geleugnet, sondern anerkannt, und trotzdem bleiben wir handlungsfähig.

Für die Zukunft haben wir uns vorgenommen, die Stärkung der persönlichen Kompetenzen und die Zusammenarbeit in meiner Lebenswelt (meine Klasse, meine Familie) mit der Gesellschaft zu verbinden. Damit wollen wir dem Problem der „zunehmenden Entfremdung von der Politik“ etwas entgegensetzen, Verantwortung auch für die Gesellschaft übernehmen; wir wollen das Verständnis fördern, wie Demokratie funktioniert und wie wir uns an demokratischen Prozessen beteiligen können.

Theorie

Welche fundamentalen Interessen und Bedürfnisse haben alle Menschen und wie kann man sie schützen? Die Beachtung von Menschenrechten ist die Voraussetzung für Frieden.

Lernziele

  • Verständnis für Menschenrechte fördern (fundamentale Bedürfnisse von den Schüler*innen finden lassen)
  • Sinn und moralische Begründung von Menschenrechten, z. B. Freiheit, Sicherheit, Leben, Ernährung, Bildung, Gerechtigkeit
  • Erfahrungen; manche Bedürfnisse sind individuell, meine Bedürfnisse können mit denen von anderen kollidieren, Dilemma zwischen den Grundrechten verschiedener Personengruppen erzeugt Konflikte

Entwicklungsziele

  • Menschenrechte betreffen jeden; es lohnt sich, sich dafür einzusetzen
  • wie kann ich den Respekt vor den Menschen in aktives Handeln umsetzen
  • wie kann jeder seine Fähigkeiten dafür einsetzen
  • wir brauchen soziale Kompetenzen um Menschenrechte zu leben
  • soll den Jugendlichen klar machen, dass sie etwas bewirken können