Die Welt ein Alptraum

Unsere Klassen 9a und 10z der Rosenheimer Wirtschaftsschule besuchten am 9. Februar 2018 zusammen mit ihren Lehrern Dr. Barbara Mütter und Georg Füchtner das Theaterstück „Die Verwandlung“.

Diese Bühnenadaption von Franz Kafkas gleichnamiger Erzählung ging unter die Haut. In einer packenden Aufführung gelang es dem Landestheater Schwaben unter der Regie von Pia Richter, die Jugendlichen im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum in eine bizarre, alptraumhafte Welt zu versetzen. Kafkas 1912 geschriebene Erzählung lässt zahlreiche Deutungsmuster zu. Für die Regisseurin bildeten die Theorien Freuds und eine scharfe Kapitalismuskritik den geistigen Hintergrund, vor dem sich die deprimierende Metamorphose des Handlungsreisenden Gregor Samsa in einen Käfer abspielte.

Von schockierender Ausdruckskraft war bereits der Auftakt des Stücks, als die drei Schauspieler Jan Arne Loos, Tobias Loth und Sandro Sutalo aus einer Frachtkiste in abstoßend schriller Kostümierung als Blondinen herausklettern. Auf ihren Unterhosen stehen Freuds drei Instanzen der menschlichen Psyche, das ausgleichende „Ich“, das triebgesteuerte „Es“ und das von sozialen Normen und Werten gesteuerte „Über-Ich“. Triebhafte Leidenschaft stellte Sutalo als “Es“ und als Gregors Schwester Grete dar, die sich erst liebevoll um ihn kümmert, um ihn dann zu verraten. Loos verkörperte mit dem „Über-Ich“ die sozialen Zwänge in der Person des Prokuristen und als Gregors Eltern.

Beängstigend und akustisch aufwühlend waren die sich oft gegenseitig hektisch ins Wort fallenden Familienmitglieder. Einen merkwürdigen, aber abstoßenden Anblick bot die Kussszene, als alle drei Schauspieler in einer Art Hassliebe eng umschlungen waren. Groteske Tanzeinlagen zu hämmernden Discorhythmen, der rasante, an Kubricks Film „A Clockwork Orange“ erinnernder Satz aus der 9. Symphonie von Beethoven, schließlich die schauerliche Schlammorgie in der Kiste, in der Gregor Samsa zugrunde geht – das alles war nichts für schwache Nerven.

Gregor wird von seiner Familie verstoßen, weil er als Käfer nutzlos geworden ist. Auch in der heutigen Zeit des ungezügelten Kapitalismus habe ein Außenseiter, so der Tenor in einem aufrüttelnden Sprechgesang, keine Chance. Die plakative Behauptung, der „kapitalistische Mensch“ sei nicht geeignet für ein Leben in Gerechtigkeit, sollte da wohl mehr zum Nachdenken anregen als ein abschließendes Urteil sein. Für die bis zum Schluss fesselnde Aufführung bedankten sich die Jugendlichen am Ende mit anhaltendem Applaus.

✏️ © Georg Füchtner

📸 © Karl Forster

 

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